Gottfried Klecker
Gottfried Klecker ist seitdem als Vorstandsmitglied tätig. Zur Veranstaltung am 13. Juni 2015 anlässlich des 25-jährigen Jubiläums der AWO in Sachsen erhielt er eine Ehrenmedaille für sein soziales Wirken im Verband. Er erzählt wie es dazu kam, sich für die AWO zu engagieren, von der Gründung und wie er die letzten 30 Jahre bei der AWO erlebt hat.
Wie kam es damals zur Gründung der AWO Oberlausitz?
Als ich in den 80er Jahren zur Friedens- und Ökobewegung kam, war das Thema „Ausländer“ eine besondere Herausforderung für mich. Deshalb wollte ich mich diesem Thema stellen. In meinem ländlichen Umfeld wurde der Begriff häufig als Schimpf- und Hasswort verstanden. Dadurch war ich natürlich auch negativ geprägt. Zu allem Fremdartigen gab es Unverständnis und Misstrauen.
Diese Problematik blieb auch während meiner Zeit im Neuen Forum und danach ein Thema. Mir war es wichtig, sich in einer pluralen und demokratischen Gesellschaft für Menschengruppen einzusetzen, die keine Stimme haben und unterprivilegiert sind. Während der Vereinigung beider deutscher Staaten war das sogleich ein Brennpunkthema. Die Aufnahme der ersten Asylbewerber in Löbau brachte natürlich auch gleich Probleme mit. Mit ein paar Gleichgesinnten fragten wir uns, wie die praktische Umsetzung dieser neuen Situation friedlich und sozial erfolgen kann. Wir erfuhren, dass die Arbeiterwohlfahrt deutschlandweit Erfahrung mit der Unterbringung, Versorgung und Integration von Migranten und Flüchtlingen hat. Deshalb war es auch in meinem Interesse, so schnell wie möglich einen AWO-Verband im Kreis Löbau zu gründen. Wir konnten anschließend das Asylheim in unsere Trägerschaft übernehmen.
Wie haben Sie die letzten 30 Jahre der AWO erlebt?
Unser Kreisverband hat sich zu einer stabilen und erfolgreichen Größe entwickelt. Er ist ein Leuchtturm und landkreisweit einer der größten Arbeitgeber im sozialen Bereich der Region. Es lief natürlich nicht alles glatt. Von manch vertrauten Einrichtungen, die uns Achtung in der Öffentlichkeit einbrachten und gern angenommen wurden, haben wir uns getrennt, da sie nicht mit den wirtschaftlichen Maßstäben betrieben werden konnten, wie es erwartet wird. Das sind natürlich auch Enttäuschungen… Wirtschaftlich geführte Häuser mussten ebenfalls geschlossen werden, da die Auslastungen ausblieben. Wir sahen das z.B. bei den rückläufigen Zuzügen der Spätaussiedler. Dafür ist viel Neues entstanden. Wir haben einen guten Ruf in der Altenpflege, in der Kita-Betreuung und in der Behindertenhilfe. Die Einrichtungen haben einen hohen Standard, die Mitarbeiter sind geschult und geben ihr Bestes, und das Wichtigste: Die Nutzer der Einrichtungen fühlen sich wohl! Es sind nun auch schon bald 15 Jahre her, dass wir uns von der Betreibung der Asylheime verabschiedeten. Die Interessenlagen von Landkreisverwaltung und freier Wohlfahrtspflege stimmten nicht immer überein. Das alles von der Finanzierung abhängig ist, bleibt ein bitterer Beigeschmack. Mein Anspruch auf gute soziale Betreuung, Begleitung und Beratung wird sich aber nicht ändern.
Wenn Sie an die Zukunft der AWO Oberlausitz denken, wie schätzen Sie diese ein? Welche Wünsche und Vorstellungen für und mit der AWO Oberlausitz haben Sie?
Wichtig, neben der wirtschaftlichen Orientierung der Einrichtungen ist, dass wir nicht die soziale Komponente aus dem Blick verlieren, da dies als Verband der freien Wohlfahrtspflege für uns ein Selbstverständnis ist und auch der Grund meines Engagements. Priorität sollen die Kinder in den Kitas haben. Das ist unsere Zukunft. Sie müssen lernen, in einer schwierigeren und globalisierten Welt zurechtzukommen. Dazu wünsche ich mir, dass die Konzepte den Gegebenheiten angepasst werden. Toleranz, Verständnis für andere, Sensibilisierung für die Umwelt und Konfliktlösungsstrategien müssen ständig weiterentwickelt werden. Auch die Wünsche der Bewohner in den Altenpflegeheimen sind an die Gegebenheiten anzupassen. Dieses Gegenwarts- und Zukunftsfeld wird noch viele Herausforderungen stellen. Dazu gehören die Ansprüche zu verschiedenen Wohnformen und Fragen, wie unsere Gesellschaft mit den älteren Mitbürgern umgeht, die eine immer größere Mehrheit darstellt und was wir als AWO tun können, um altersgerechtes Wohnen mit entsprechender Fürsorge anzubieten. Sollten wir uns wieder im Migrationsbereich einbringen, dann ist sehr gut geschultes Personal eine Mindestvoraussetzung. Natürlich wünsche ich mir dazu eine offenere Gesellschaft. Die AWO-Mitgliederzahlen sind tendenziell fallend. Was man dagegen tun kann, ist nicht leicht zu beantworten. Mund-zu-Mund-Multiplikation und Begegnung sind dafür die besten Voraussetzungen. Wir brauchen dafür Begegnungsstätten, in denen verschiedene Aktivitäten und Veranstaltungen stattfinden, die eben auch angenommen werden. Ich wünsche mir zu solchen Herausforderungen auch junge Leute, die ja sagen und ihre Vorstellungen einbringen. Es kommt vieles anders als man denkt, aber der Mensch ist und bleibt ein soziales Wesen und will sich einbringen. Seine innere Befriedung wird er auch weiterhin im GEBEN finden.